Parodontose

Bis vor einiger Zeit wurde für das Entstehen oder das erneute Aufflammen einer Parodontitis nach der Therapie (Rezidiv) überwiegend eine nicht ausreichende Mundhygiene des Patienten verantwortlich gemacht. Zuweilen findet man dieses Erklärungsmuster auch heute noch. Sicherlich, eine richtig betriebene Mundhygiene ist für den Erfolg einer Parodontitis-Behandlung und auch im Hinblick auf die Vorbeugung eine wesentliche Voraussetzung – längst jedoch nicht die einzige. Bei zahlreichen Patienten mit hervorragender Mundhygiene kommt es trotzdem immer wieder zu Zahnfleischentzündungen und die Erkrankung kann trotz zunächst erfolgreicher Behandlung nicht gestoppt werden.

Parodontitis ist eine durch Bakterien hervorgerufene entzündliche Veränderung (Infektion) des den Zahn umgebenden Gewebes, insbesondere des Kieferknochens. Sie zählt zu den häufigsten Infektionskrankheiten der Mundhöhle. Für den Ausbruch der Erkrankung können jedoch nicht die Bakterien allein verantwortlich gemacht werden. Neueste Erkenntnisse der modernen Zahnmedizin zeigen, dass ihre Entstehung und ihr Verlauf durch verschiedene andere Faktoren begünstigt werden. Für jeden Patienten liegen dabei die Ursachen woanders und in der Regel sind es mehrere Faktoren, die im Verbund zu Erkrankungen im Zahn-Mund-Kieferbereich führen können.

 

Begleitfaktoren der Parodontose

Rauchen

Beim Rauchen entsteht u.a. auch das hochgiftige Kohlenmonoxid, das eine 200mal höhere Affinität zum Hämoglobin hat als der lebensnotwendige Sauerstoff. Es kommt zu einer verminderten Sauerstoffzufuhr und zu einer unzureichenden peripheren Versorgung, die aufgrund der Wirkungen des Nikotins zusätzlich auftretende Verengung der Blutgefäße noch verstärkt wird. Vor allem das starke Rauchen von über zehn Zigaretten pro Tag kann die Entstehung der Parodontitis fördern. Problematisch bei Rauchern ist zusätzlich, dass die Zahnfleischentzündung häufig aufgrund der peripheren Durchblutungsstörungen lange ohne das ansonsten charakteristische Bluten verläuft und so vom Patienten erst spät entdeckt wird.

Allgemeinerkrankungen

Einige Allgemeinerkrankungen (z. B. Diabetes, Rheuma, Lebererkrankungen) beeinflussen den Abwehrkampf des Körpers gegen die bakterielle Infektion negativ.

Erbliche Faktoren

Zwillingsforschungen haben aufgezeigt, dass selbst eineiige Zwillinge in völlig unterschiedlichen Umgebungen und Lebensgewohnheiten Ähnlichkeiten beim Zahnfleischzustand aufweisen. Durch aktuelle Forschungen können heute Stellen im Erbmaterial (DNS) lokalisiert werden, die für die Produktion von Interleukinen (Botenstoffe, die die Abwehrzellen steuern) zuständig sind. Ist eines dieser Gene verändert, besteht ein um ein Vielfaches erhöhtes Risiko, eine Parodontitis zu bekommen.

Stress

Berufliche oder private Überbelastung (Stress) kann den Verlauf einer Parodontitis negativ beeinflussen. Verschiedene Untersuchungen haben aufzeigen können, dass gerade in oder nach Stressphasen gehäuft akute Schübe mit Zahnfleischbluten vorkommen.

Falsche Belastung der Zähne

Fehlbelastungen der Zähne (z.B. durch Fehlstellungen des Kiefergelenks oder einen falschen Biss), schlecht angepasster Zahnersatz (überstehende Kronen- und Füllungsränder), aber auch Zähneknirschen sind Faktoren, die die Parodontitis begünstigen können.

Immunstörungen

Einen ganz wichtigen Stellenwert im Rahmen der Parodontitis nimmt das Immunsystem ein. Der gesunde menschliche Organismus verfügt über eine komplexe Immunabwehr, die ihn vor körperfremden Substanzen (wie schädlichen Bakterien oder Viren) schützt. Ist das Abwehrsystem allerdings gestört, kann der Körper sich nicht ausreichend gegen Entzündungen und Infektionen zur Wehr setzen. Wird ein geschwächtes Immunsystem nicht stabilisiert, ist eine erfolgreiche Therapie der Parodontitis in aller Regel dauerhaft nicht möglich.

Die Parodontitis ist eine schleichende Erkrankung, die zunächst keine Schmerzen verursacht. Für den Laien bleibt sie daher oftmals lange unerkannt. Um sicher zu gehen, sollte man den Zustand des Zahnfleisches regelmäßig in unserer auch auf Parodontitis spezialisierten Zahnarztpraxis überprüfen lassen. Dies empfiehlt sich auch dann, wenn keine akuten Beschwerden wie Zahnfleischbluten oder Lockerung der Zähne bestehen. Durch eine rechtzeitige Vorbeugung und das frühzeitige Erkennen der Erkrankung sowie eine ausführliche Diagnostik der Ursachen (Ko-Faktoren), die Entstehung und Verlauf beeinflussen und eine individuell darauf zugeschnittene Therapie kann der Krankheitsprozess zum Stillstand gebracht, der Zustand des Zahnhalteapparates verbessert werden und damit auch eine stabile Basis für die Allgemeingesundheit geschaffen werden.

 

Warnsignale

  • Beim Zähneputzen, Kauen oder Abbeißen z. B. eines Apfels blutet das Zahnfleisch.
  • Das Zahnfleisch ist gerötet bzw. geschwollen oder schmerzt bei Berührung.
  • Trotz regelmäßiger Mundhygiene besteht Mundgeruch.
  • Die Zahnhälse sind sichtbar bzw. reagieren empfindlich auf Kälte oder Wärme.
  • Die Zähne verändern ihre Stellung („Zahnwanderung“) bzw. wackeln leicht.
  • Die Zahnzwischenräume werden größer.
 

Risikogruppen

Einige Gruppen von Patienten tragen per se ein erhöhtes Risiko, an einer Parodontitis zu erkranken oder müssen bei bestehender und nicht behandelter Parodontitis von weiteren Komplikationen ausgehen. Für diese Gruppen nimmt die Prävention und rechtzeitige Therapie einen ganz besonderen Stellenwert ein.

  • Raucher
  • Frauen im Klimakterium (Wechseljahre)
  • Chronisch kranke Patienten (Diabetiker, Rheumatiker, Allergiker, Herz- und Kreislaufkranke) und Patienten mit Abwehrschwächen
  • Patienten, die beruflich oder privat stark belastet sind (Stress)
  • Schwangere
  • Ältere Patienten
 

Diagnostik

Parodontitis ist keine isolierte Erkrankung der Mundhöhle, sondern immer ein Hinweis auf eine generelle Erkrankung. Eine Parodontitis geht auf eine bakterielle Infektion zurück. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse weisen jedoch nach, dass nicht nur die Bakterien, sondern auch eine Reihe anderer Faktoren für deren Entstehung verantwortlich sind.

Die Ursachen dafür, dass die Krankheit zum Ausbruch kommt und wie schwer sie verläuft, sind vielfältig. Soll die Parodontitis erfolgreich behandelt werden und zum Stillstand gebracht werden, ist eine systemische Behandlung notwendig.

 

Therapie ohne Chirurgie

Operative Verfahren im Rahmen der Parodontitis-Behandlung sind heute nur noch in Ausnahmefällen notwendig. Überwiegend ist es möglich, die Erkrankung mit sanften Methoden und weitgehend schmerzfrei zu behandeln. Im Gegensatz zu den chirurgischen Verfahren spricht man dabei von „konservativen“ Behandlungsverfahren. Begleitende innovative Therapieverfahren wie der Einsatz des Lasers, aber auch immunologische Begleittherapien und Maßnahmen zur Stärkung der körpereigenen Abwehrsystems tragen dazu bei, die Erfolgsaussichten der Behandlung deutlich zu vergrößern.

 

Therapie: Zahnärztliche Reinigung

Die Wurzelglättung kann man sich als eine Art „Tiefenreinigung“ der Zahnfleischtaschen vorstellen. Hierbei arbeiten Zahnarzt und Dentalhygienikerin unter dem Zahnfleisch (subgingival). Hierbei handelt es sich nicht um Zahnbleaching.

Dabei wird der sog. Biofilm, der die Parodontitis-Bakterien enthält, aus den Zahnfleischtaschen entfernt. Dies geschieht auf schonende Art und Weise. Mit kleinen Spezialinstrumenten, den sog. Kuretten, werden die Wurzeln gereinigt und geglättet.

Ziel dieser Behandlung ist, dass eine möglichst glatte Oberfläche entsteht, auf der die Beläge sehr viel schlechter anhaften können als an rauhen Oberflächen. Zudem kann sich das geschädigte Gewebe an einer glatten Oberfläche viel schneller und leichter regenerieren.

Die Wurzelglättung wird unter örtlicher Betäubung durchgeführt und ist daher in aller Regel schmerzfrei. Einschränkungen und Schmerzen nach der Behandlung sind nicht zu erwarten, so dass es danach möglich ist, dem normalen Tagesablauf zu folgen.

 

Lebenslange Pflegetherapie

Eine Parodontitis ist ein lebenslanger Pflegefall. Sie bedarf einer langfristigen Pflegetherapie. Das bedeutet, dass regelmäßige Kontrolluntersuchungen und Prophylaxetermine in der Zahnarztpraxis notwendig sind.

Auch bei sorgfältigster Mundhygiene können mit den häuslichen Maßnahmen nicht alle Bereiche des Gebisses erreicht werden. In solchen „Pflegenischen“ sammeln sich erneut Plaque-Bakterien an, die mit der Zeit erheblichen Schaden an Zähnen und Zahnfleisch anrichten können.

Trotz jährlichen Zahnarztbesuches kann der Zahnfleischverlust pro Jahr 1,3 mm betragen. Der Karieszuwachs – v.a. im Bereich der Kronen- und Füllungsränder – beträgt im Durchschnitt 5 %. Durch eine regelmäßige professionelle Zahnreinigung in unserer Praxis wird sowohl das Parodontitisrisiko als auch die Gefahr weiterer Kariesaktivität deutlich reduziert. In welchen Abständen solche Prophylaxetermine notwendig sind, ist abhängig vom individuellen Risiko des einzelnen Patienten.

 

Chirurgische Therapieverfahren

Die meisten Formen der Parodontitis lassen sich mithilfe der konservativen Behandlung und den entsprechenden Begleittherapien erfolgreich behandeln. Chirurgische Maßnahmen sind in den wenigsten Fällen erforderlich.

Wenn die Parodontitis schon sehr weit fortgeschritten ist, sind die Zahnfleischtaschen so tief, dass der Zahnarzt mit den Spezialinstrumenten an einen großen Teil der Bakterien nicht herankommt. Er kann dann nicht mehr „auf Sicht“ arbeiten. In solchen Fällen ist ein kleiner chirurgischer Eingriff notwendig. Viele Patienten fürchten diese Behandlung, weil sie glauben, dass dabei das Zahnfleisch abgeschnitten wird, was Schmerzen, empfindliche Zähne und eine lange Heilungsphase nach sich zieht. Solche Methoden gehören jedoch längst der Vergangenheit an. Mit den heutigen modernen Verfahren ist eine sanfte Behandlung und eine kurze Abheilungsphase ohne Schmerzen möglich.

Dabei wird das gesunde Gewebe belassen und das erkrankte Gewebe regeneriert. Ziel ist, einen gesunden und stabilen Zustand des Zahnhalteapparates zu erreichen. Die Behandlung erfolgt unter Lokalanästhesie und ist daher weitgehend schmerzfrei.